Bielefeld historisch: Autobusse vor 100 Jahren
Von der „Jöllenbecker“ bis zur Oststraße
Werbeaktionen
Ende Januar 1925 stellte die Verwaltungsspitze insgesamt 300.000 Mark für den Aufbau eines Busbetriebs in Bielefeld bereit. Um ein einheitliches Erscheinungsbild der Fahrzeuge zu erzeugen, wurden Karosserie-Vorgaben beschlossen und der kleine „Städtische Kraftwagenbetrieb Bielefeld“ etabliert.
Beim Blick in die damaligen Bielefelder Tageszeitungen lässt sich erahnen, dass es seinerzeit eine regelrechte „Bus-Euphorie“ gab. Kein Wunder, dass das „Städtische Betriebsamt“ so früh wie möglich die Busse der Bevölkerung vorstellen wollte. Deshalb hatte es sich „ein unendliches langes Auto in weißer Farbe“ besorgt und für die Landwirtschaftsausstellung mit der Aufschrift „Zur grünen Messe – Johannisberg – Bahnhof“ versehen, wie der Redakteur der WZ am 19. September 1925 schrieb.
„Das betriebsame Betriebsamt“ – so die Zeitung weiter – habe sich diesen „schönen Autobus zwar nur geliehen“, aber er mache sich trotzdem „sehr dekorativ“.
Zum Queller Rennplatz
Am 8. Oktober 1925 trafen die ersten gekauften Autobusse in Bielefeld für die neuen Linien ein. Um sie der Bevölkerung „in voller Fahrt zu präsentieren“, sollten sie am Sonntag, dem 11. Oktober ab 12.15 Uhr, „einen viertelstündigen Autobusverkehr ab Bahnhof über die Grabenstraße, Haller Kreisstraße zum Pferde-Rennplatz in Quelle mit Zwischenhaltestellen Jahnplatz und Von-der-Recke-Straße“ anbieten. Nach Rennbeginn verkehrten sie dann nach Bedarf.
Die Direktion des Betriebsamtes hatte Recht: Das Busangebot schlug wirklich ein und die neuen Fahrgäste strömten zuhauf. Ein Journalist beklagte allerdings den dreifach überhöhten Fahrpreis und – was bei dem Ansturm nicht ausbleiben konnte – dass man „eingepfercht wie ein Hering in der Tonne in den Kurven Gleichgewichtsübungen“ lernen müsse.
Die neuen Buslinien
Ohne eine feierliche Einweihung gingen die ersten drei Autobusse am 15. Oktober 1925 „auf Strecke“ und zwar von der Jöllenbecker Straße bis zur Oststraße. Der Rest – ebenfalls drei Autobusse – trat am 28. Oktober seinen Dienst an, auf der Linie Bürgerweg, Jahnplatz, Herforder Straße.
Die Busse fuhren auf der ersten 4,7 Kilometer langen Wegstrecke im Viertelstundentakt; die zweite Strecke hatte eine Länge von 3,2 Kilometern.
Das „rollende Material“
Die ersten sechs neuen Busse wurden von zwei Firmen geliefert: drei „Büssing-Hochrahmen-Chassis-Wagen“ mit je einem 45-PS-Otto-Motor sowie 28 Sitz- und 14 Stehplätzen, drei „Niederflur-Chassis-Wagen“ von der NAG mit 55-PS-Motoren sowie 28 Sitz- und 20 Stehplätze. Die NAG-Wagen hatten einen neben der Motorhaube vorgezogenen Fahrerplatz, vom Personal und vom Volksmund liebevoll „Schwalbennest“ genannt.
Im Rahmen der Bielefelder Busgeschichte muss auch der Name „Dürkopp“ genannt werden. 1924 zeigte man in Anknüpfung an die Vorkriegserfolge auf der deutschen Automobil-Ausstellung wieder einen Omnibus; er wurde 1927 als zusätzlicher Kraft-Omnibus in Bielefeld eingesetzt. Doch rechnete sich die Autobusherstellung nicht mehr. Der Betriebsverlust steigerte sich, es gab nur noch Reparaturen und Ersatzteile. Es wurden schließlich die Oryx-Werke an eine Firma in London verkauft.
Zunächst gute Fahrschein-Erlöse
Der neue „städtische Autobus-Verkehr“ schien sich nach den ersten Erfahrungen zu rentieren. Er war offensichtlich geeignet, die Überschüsse des Städtischen Betriebsamtes zu erhöhen. Am Montag, dem 19. Oktober 1925, konnte man eine Bruttoeinnahme von 1.000 Mark verbuchen.
Die Autobustageseinnahmen an den Vortagen beliefen sich zunächst auf 500 bis 600 Mark. Der Autobusfahrpreis betrug damals 10 Pfennige für den Kilometer, so dass bald Hoffnungen auf eine allgemeine Preissenkung des städtischen Betriebsamtes sprossen. Doch die Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre führte den Bielefelder Kraftwagenbetrieb in finanzielle Probleme.
Da kam eine technische Neuerung gerade recht: Der Austausch der bisherigen Otto-Benzin-Motoren durch Diesel-Aggregate im Jahre 1934 brachte bis zu 75 Prozent Kostenersparnis.
Das „Städtische Verkehrsamt“
Um die Einnahmen des Busbetriebes langfristig zu erhöhen, wurde bereits am 1. Juli 1927 das „Städtische Verkehrsamt Bielefeld“ eröffnet und dem Betriebsamt angegliedert. So konnten Anpassungen der Fahrpläne an die Verkehrsverhältnisse und Wünsche der Fahrgäste durch Intensivierung des Sonntags- und Ausflugsverkehrs berücksichtigt werden.
Fahrten zum Rhein und an die Mosel, zur Edertalsperre, ins Sauerland, in den Harz und zum Dümmer See brachten so gute finanzielle Ergebnisse, dass der Ausflugsverkehr weiter ausgebaut wurde. Er entwickelte sich neben dem Linienverkehr zu einer lukrativen Einnahmequelle.
Ein Fazit
Vor 100 Jahren begann das Städtische Betriebsamt mit einem technisch fortschrittlichen Busverkehr. Seitdem findet eine behutsame Entwicklung am Puls der Technik statt.
Gegenwärtig werden erstmals Wasserstoffbusse auf einigen der 84 Bus- und NachtBus-Linien eingesetzt. War der historische Büssing-Bus noch mit 33 KW oder 45 PS motorisiert und bot 42 Fahrgästen Platz, so hat der neuartige Wasserstoff-Gelenk-Bus vom Typ „eCitaro Fuelcell“ der Firma Mercedes-Benz 18,12 Meter Länge und bringt mit einer Leistung von 250 KW oder 340 PS seine 128 Fahrgäste – die auf 41 Sitzen Platz nehmen können – in Bewegung.
Das Bielefelder Busstreckennetz weist mittlerweile gut 1.200 Kilometer Länge auf.